Ukrainische Teilnehmer:innen auf der DEM berichten von ihrer Geschichte, ihrem Eindruck von der DEM und von Unterschieden zur Ukrainischen Meisterschaft.
Auf der deutschen Meisterschaft wird traditionell ein großer Wert auf Chancengleichheit gelegt. Der Förderverein etwa ermöglicht jedem Qualifizierten die Chance, an der Veranstaltung teilnehmen zu können. Die Motivation, Dankbarkeit und Leidenschaft von Teilnehmenden, für die so eine Meisterschaft etwas Besonderes ist, ist immer wieder aufs Neue äußerst beeindruckend.
Dieses Jahr stehen wir vor einer ganz neuen Situation: Viele ukrainische Kinder und Jugendliche haben in dieser Zeit nicht die Möglichkeit, ihren üblichen Hobbys nachzugehen, so wie es für uns selbstverständlich ist. Das ist für alle Betroffenen schwierig, besonders aber für die Kinder. Wer seine Heimat verlassen muss, vielleicht sogar von einem Teil seiner Familie getrennt wird, der braucht einen Anker. Dieser Anker kann eine große Leidenschaft, etwa das Schachspiel, sein.
Schachspielende ukrainische Kinder, die es in der Flucht vor Krieg nach Deutschland gebracht hat, wollen auch hier ihr Hobby ausüben können – um sich abzulenken, schachlich in Form zu bleiben oder einfach eine schöne Zeit zu haben. Sie an dem Spielbetrieb, Turnieren und Meisterschaften teilhaben zu lassen, kann ein wenig Normalität in den neuen Alltag bringen und vielleicht für kurze Momente die Sorgen vergessen lassen. Deshalb ist es toll zu sehen, dass - auch mithilfe des Fördervereins und vielen engagierten Schachfreunden - so vielen ukrainischen Kindern und Jugendlichen die Teilnahme an der Meisterschaft ermöglicht wurde.
Wir haben uns gefragt: Was treibt die Kinder an? Wir möchten die Plattform bieten, von ihren Zielen, ihrer Motivation und ihren DEM-Erlebnissen zu erzählen. Arkadii, Lev, Mykola, Nadeja, Nikita, Polina und Sofiia haben sich getraut, mit uns über ihre Wahrnehmung der deutschen Meisterschaft zu sprechen und ihre Gedanken mit uns zu teilen.
Sofiia (u18w) freut sich, einfach wieder Schach auf einem Turnier spielen zu können. Sie ist begeistert davon, so einfach andere Jugendliche kennenlernen zu können. Das Schachspielen an sich ist für sie dabei nicht viel anders als in der Heimat. Für Sofiia fühlt es sich gut an, hier zu sein, auch wenn sie die Turniere in der Heimat vermisst. Mit ukrainischen Teilnehmenden knüpft sie ebenso schnell Kontakte wie mit anderen, die Sprachbarriere macht ihr kaum etwas aus, denn sie kann von ihrem Englisch Gebrauch machen.
Auch für Mykola (u12) ist die DEM etwas Besonderes, nicht einfach nur ein übliches Turnier. Er fühlt sich pudelwohl. Natürlich spielt er viel mit anderen Ukrainern, doch gerade beim Sport in der Freizeithalle trifft er auch andere, neue Freunde – zum Beispiel beim Fußball oder Tischtennis, wo die nonverbale Kommunikation leichtfällt. Überraschenderweise ist die Online-Übertragung das eine, was Mykola am meisten begeistert. Von zuhause kennt er es vor allem so, dass nur ein paar Bretter übertragen werden. Mykola erzählt uns, dass durch die Online-Übertragung zwei Freunde aus der Ukraine zuschauen und ihm die Daumen drücken können. Da ist dann offensichtlich, wieso ein eigentlich kleiner Aspekt einer Meisterschaft so eine große Bedeutung für Mykola haben kann.
Lev (ODJM C) ist es wichtig, hier auch viele ukrainische Kinder treffen zu können. So fällt das Vernetzen leichter. Er spielt besonders gerne Fußball, wo er dann auch andere Kinder trifft, mit denen er gemeinsam eine schöne und sorgenfreie Zeit verbringen kann.
Nikita (u12) und Arkadii (ODJM A) kennen sich schon aus der Ukraine, sie waren dort befreundet. Nun wohnen sie sehr weit weg voneinander. Hier auf der Deutschen Meisterschaft haben sie sich umso mehr darüber gefreut, sich wiederzusehen. Auch mit ihren Zimmerkollegen machen sie gerne etwas zusammen, insbesondere beim gemeinsamen Schachspielen. In der Freizeit pflegen sie vor allem die ukrainischen Kontakte. Sie beschreiben Parallelen zur ukrainischen Meisterschaft, bei der beide bereits teilnahmen. Die deutsche wie die ukrainische Meisterschaft sind für sie wie ein großes Ferienlager mit starken Schachpartien gegen Gleichaltrige.
Nadeja (u12w) kennt Polina (u14w) über gemeinsames Onlinetraining in der Ukraine, hier aber hat sich eine Freundschaft zwischen beiden gebildet. Beide stellen heraus, dass ihnen die Landesmeisterschaften in ihren Verbänden sehr dabei geholfen haben, sich zu integrieren. So kennen sie ihre Delegationen schon und haben Anschluss an die Gruppe. Ihr Fokus auf dem Turnier ist aber unterschiedlich: Nadeja gefallen die Vorbereitungsmöglichkeiten, da sie durch die Partieneingabe, Onlineübertragung und Datenbanken die gegnerischen Partien im Training genau unter die Lupe nehmen kann. Polina fand vor allem die Begrüßung und Aufnahme der Ukrainer in Willingen toll, und freut sich über die angenehme Atmosphäre und das gemütliche Ambiente auf der Meisterschaft.
Ihr seht: Jedes der ukrainischen Kinder hat eine individuelle Geschichte. Sie einen sich in ihrer Begeisterung über die Möglichkeiten, die ihnen die DEM bietet. Wir haben nach einem Satz gefragt, der ihre Gefühlslage zur Deutschen Meisterschaft beschreibt:
Sofiia: „Es ist besonders schön, einfach wieder spielen zu können, neue Leute und eine neue Stadt kennenzulernen.“
Mykola: „Die Meisterschaft ist toll, es ist wie in einem großen Schachfreizeitlager.“
Lev: „Ich mag den Freizeitraum am liebsten, besonders dort Sachen auszuleihen und mit vielen Freunden zu spielen.“
Nikita: Ich bin hochmotiviert, mich schachlich zu verbessern und die Meisterschaft zu gewinnen.
Arkadii: Es ist sehr schön, dass alle gemeinsam in einem Hotel sind und dann zusammen Spaß haben können.
Nadeja: Ich freue mich sehr, dass die Ukrainer hier dabei sein und teilnehmen dürfen und dabei von vielen Unterstützung bekommen zu haben.
Polina: Es ist sehr schade, dass wir wegen des Krieges hier sind, aber ich fühle mich trotzdem sehr wohl und freue mich hier zu sein.
Jedes der Kinder hat einen eigenen Fokus. Für einige ist es die Fortführung und Entwicklung eigener Spielstärke. Für andere ist es die Möglichkeit, Freundschaften zu knüpfen und zu pflegen. Wieder andere freuen sich einfach darauf, mal wieder eine schöne Zeit bei ihrem Hobby zu verbringen. Schaut man dabei über den eigenen Tellerrand hinaus und hört den Eindrücken der Kinder zu, so weiß man einzelne Aspekte der Meisterschaft erst richtig zu schätzen.
Schach kann Brücken bauen. Für viele ist die DEM so viel mehr als eine Ansammlung an Schachpartien mit einer Endtabelle. Die DEM ist Ferienfreizeit, Spitzenturnier, Übernachtungsparty, Freundschaftstreff und Spielwiese in einem. Sie kann für manche eine coole Woche sein, für andere aber ein Licht in einer schweren Zeit. Und dieser Charakter der DEM, für den ihr alle mitverantwortlich seid, kann so verdammt wichtig sein.
Ganz Herzlichen Dank an Arkadii, Lev, Mykola, Nadeja, Nikita, Polina und Sofiia für ihren Mut, offen mit uns über ihre Erlebnisse zu sprechen. Дуже дякую! Ein fetter Dank geht auch an Kristin für die Mitorganisation und an Elina für die Übersetzung. Wir hoffen, dass die Übersetzungen vom Ukrainischen ins Deutsche die Aussagen der Kinder bestmöglich wiedergeben können.
Jugendeinzel 23.07.-07.08.1949, 8 Teilnehmer in Endrunde
Quelle: Der Schachspiegel, 1949, S.114
Pl. | Teilnehmer | Punkte |
1. | Hartmut Kauder (Magdeburg) | 5,0 |
2. | Siegfried Rühlemann (Leipzig) | 4,5 |
3. | Lothar Kleine (Leipzig) | 4,0 |
4. | Manfred Kahn (Dresden) | 4,0 |
5. | Wilfried Pflughaupt... |
Jugendeinzel 01.12.-12.12.1948, Rundenturnier mit 14 Teilnehmern
Pl. | Teilnehmer | Punkte |
1. | Heinz Marcus (Kassel) | 11,5 |
2. | Edgar Klaeger (Hamburg) | 10,5 |
3. | Werner Nicolai (Hohenlimburg) | 10,5 |
4. | Muth (Köln) | 8,5 |
5. | Siegfried Heil (Düsseldorf) | ...
Jugendeinzel xx.xx.-xx.xx.1947, Rundenturnier mit 14 Teilnehmern
Pl. | Teilnehmer | Punkte |
1. | Lothar Schmid (Radebeul) | 13,0 |
2. | Oehmen (Duisburg) | 8,5 |
insgesamt 14 Teilnehmer
Quelle: Der Schachspiegel, 1947, S.140 (Bericht) und S.178 (Foto der Teilnehmer)
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