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| Schulschachkongress

Bericht vom 3. Schulschachkongress

Auf die Schulbank beim Schulschachkongress!

Der 3. Schulschachkongress der Deutschen Schachjugend und der Schulschachstiftung zwang 170 Lehrer in die Schulbänke, denn diesmal hieß es für sie lernen, lernen und nochmals lernen. Vorne am Lehrerpult ihnen gegenüber die Referenten, alles erfahrene Schachlehrer und Trainer! Sie stellten Lehrmethoden vor, einzelne Trainingsmaterialien, den Gebrauch des Smartboard für das Schachtraining, den nagelneuen Methodenkoffer, Spielformen des Schachspiels, aber auch Schach zum Schwitzen in der Sporthalle.

Der Schulschachkongress wurde in der Aula, dem Musiksaal und verschiedensten Klassenräumen der Stadtteilschule Barmbek durchgeführt, die von dem Schulleiter Björn Lengwenus zur Verfügung gestellt wurde. Björn Lengwenus? Ja, der von Fritz & Fertig, der Buchautor, der Schachpädagoge, der zugleich tagsüber Lehrer und Direktor einer Schule in Hamburg ist.

Der Rahmen passte hervorragend zum Kongress und zum Einstieg in die beiden Kongresstage, denn am Freitagabend begann die Veranstaltung mit einem Podiumsgespräch über das Thema „Schach im sozialen Brennpunkt“.

Die Stadtteilschule Barmbek liegt in einem sozialen Brennpunkt und in ihr wird Schach als pädagogische Mittel eingesetzt.

Auf dem Podium berichteten vom Jugendamt München Katrin Apfel und Jochen Reisinger, wie sie erfolgreich an Kinder mit Schach herankommen, die eigentlich durch das Bildungssystem gefallen sind und oftmals aufgegeben werden. Auch mit diesen auffälligen Kindern kann mit Schach gearbeitet werden, sie sind plötzlich in der Lage sich über einen gewissen Zeitraum zu konzentrieren, sie lassen sich fesseln vom Schach. Einige Kinder haben sogar schon den Weg in Münchner Vereine gefunden.

Anke Heffter hatte in einem Problemstadtteil in Hamburg-Jenfeld Schach an die Hauptschule gebracht und ebenfalls enorme Erfolge quer durch alle Klassen erzielt. Sie nahm mit ihren Hauptschülern sogar an Turnieren und Meisterschaften teil. Der Hausmeister bemerkte im Schulalltag Veränderungen und sprach Frau Heffter an: „Die prügeln sich jetzt viel weniger in den Pausen, die spielen Schach!“

Dr. Monika Küsel-Pelz, Direktorin der Grundschule Genslerstraße in Barmbek, hat an ihrer Mulitkultischule, ihre Schüler kommen aus allen Teilen der Welt, Schach als Fach eingeführt. Die intensive Auswertung des Lehrerkollegiums der Genslerstraße dieses Projektes ergab, unbedingt weitermachen und Schach fest im Lehrplan verankern, denn alle konnten von positiven Erfahrungen auf das Lernverhalten der Grundschüler verweisen. Interessant auch dass alle Kinder, egal aus welchem Kulturkreis sie kommen, das Schachangebot annehmen. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die Nachbarschulen in Barmbek, denn beim Wechsel auf die weiterführenden Schulen wird nach einem Schachangebot gefragt und dadurch so manche neue Schachinitiative losgetreten.

Warum dieses für Schach und vor allem dem Deutschen Schachbund ungewöhnliche Thema auf dem Kongress?

Schach muss sich dauerhaft öffnen, muss erkennen, dass es durch die im Schach innewohnenden Möglichkeiten für alle in der Gesellschaft ein sinnvolles Angebot ist, dass mit Schach jeder erreicht werden kann. Dieses selbstgeprägte Image, Schach ist was für die Gebildeten, Schach ist nur was für Intelligente, kann sich der Schachsport nicht länger leisten. Und hat der organisierte Schachsport nicht auch eine soziale Aufgabe in der Gesellschaft zu erfüllen?

Der Kongresstag begann mit fröhlichen Kindern der Genslerstraße, die so manchen der noch verschlafen wirkenden 170 Lehrer mit zwei schwungvollen Vorführungen  aufmunterten und sie beschwingt in die Workshops gehen ließ.

Es gab drei Workshopblöcke:

  • So zeigte IM Michael Richter wie man Arbeitsblätter mittels ChessBase erstellt und mittels ChessBase das Training vorbereitet.
  • Walter Rädler ließ kleine Spiele im Schachunterricht durch die Workshopteilnehmer ausprobieren und erläuterte, warum und wie man sie im Schachunterricht einbringen sollte. In seinem zweiten Themenblock brachte er Klarheit in den Dschungel der Schachliteratur und Trainingsmaterialien, denn vieles ist für die Arbeit an Schulen wenig hilfreich.
  • Für Lehrer und Sozialpädagogen fehlt oftmals das notwendige Geld, aber immer mehr Schulen werden mit Smartboards und interaktiven Whiteboards anstelle der herkömmlichen Kreidetafeln ausgestattet. Daher war der Andrang bei Björn Lengwenus und Karol Lalla groß, die beide zeigten, wie man Schachtraining mit diesen modernen Hilfsmitteln gestalten kann. Praktisch ausprobiert wurde dies mit der „Schach DVD“ der Firma MedienLB, die in Kürze auf den Markt kommt und hier schon vorgestellt wurde.
  • FM Bernd Rosen und Christian Goldschmidt, äußerst erfahrene Schachtrainer, stellten jeweils ihre Trainingsmaterialien vor, die in gedruckter Form vorliegen, die aber auch über das Internet genutzt werden können.
  • Die Trainerlegende Heinz Rätsch zeigte klassisch am Demobrett wie eine lehrreiche Partieanalyse im Kinder- und Jugendbereich durchzuführen ist, was mit ihr an Inhalten vermittelt werden kann. Ein Teilnehmer meinte: „Bei jedem Satz spürte man die über lebenslange Trainererfahrung!“
  • Ein Legende im Schulschach ist auch Christian Zickelbein, von dem seine Zuhörer aus erster Hand erfahren konnten, wie man Schach an die Schule bringt.
  • Schach und Schule, Schach und Unterricht. Schach muss sich nicht verstecken, es kann in viele Unterrichtsfächer eingebaut werden, wie man von Kirsten Siebarth lernen konnte. Und selbst Schach und Bewegung müssen keine Gegensätze sein. So hießt es für den Workshop „Schach zum Schwitzen“ in der Ausschreibung auch Sportkleidung mitbringen, denn es ging mit Bällen, Sprungseilen, Matten und Kästen und den Schachbrettern praktisch zur Sache. Ausprobieren war auch hier die Losung. Schach als Schulfach? Geht das? Dr. Monika Küsel-Pelz, Schulleiterin der Grundschule Genslerstraße hat dies erfolgreich umgesetzt und konnte so wichtige Informationen und Hilfen vermitteln.

Vielleicht ragte ein Thema beim Workshop heraus, obgleich man das bei den Topreferenten eigentlich nicht sagen darf. Aber die Erwartungen an den Workshop „Der DSJ-Methodenkoffer“ waren sehr hoch. Das geht zurück auf den Schulschachkongress 2009 in Erfurt, bei dem die Referenten Kirsten Siebarth und Patrick Wiebe erstmalig Methoden für den Schachunterricht unter dem Namen Methodenkoffer vorgestellt hatten, aber den „Koffer“ nicht zur Hand hatten. Dabei wollten die Teilnehmer ihn doch gleich mitnehmen. Also wurde der Entschluss gefasst, 2010 beim 3. Schulschachkongress gibt es den Methodenkoffer als neues innovatives Angebot der Deutschen Schachjugend für den Schachunterricht. Und er konnte tatsächlich präsentiert werden.

30 Methoden werden vorgestellt, erläutert, für jede Methode gibt es Arbeitsblätter und das notwendige Handwerkszeug im Koffer, und natürlich sind für alle Methoden Lösungsblätter vorhanden. Mit diesem Methodenkoffer, den es bisher auf dem Schachmarkt noch nicht gibt, können auch schachlich unerfahrene Lehrkräfte erfolgreich einen abwechslungsreichen Schachunterricht anbieten. Ein Dank geht an die DSB Wirtschaftsdienst GmbH, die diesen Koffer mitfinanzierte und über ihren Shop vertreibt, und an den Partner der DSJ ChessBase, der ebenfalls die Erstellung dieses Koffers finanziell unterstützt.

Ab sofort ist der Methodenkoffer bei der DSB-Wirtschaftsdienst GmbH zum Preis von 170,- Euro zu erwerben.

Auf dem Markt der Möglichkeiten stellten verschiedene Schulen und Anbieter ihre Projekte vor, berichteten von ihr Schacharbeit, stellten teilweise selbst erarbeitetes Lehrmaterial vor bis hin zu selbst gefertigten Schachsouvenirs. Denn ein Schwerpunkt des Schulschachkongresses liegt auch auf der Kommunikation, dem Informationsaustausch, wodurch ein Netzwerk der Schulen entsteht.

Kongresse tanzen gern, das weiß man spätestens seit dem Wiener Kongress und so wurde auch dieser Kongress von einer „Schachpädagogischen Nacht“ abgerundet.

Die Planung und Organisation dieses gesellschaftlichen Abschlusses hatte unser Partner ChessBase und der Hamburger Schachjugendbund übernommen.

Eingeheizt wurde vom Dimitrova Trio“, die am späten Abend erst nach einigen Zugaben von der Bühne gelassen wurden. Den schachlichen Teil des Abends übernahm das Improvisationstheater „Steife Briese“, die ebenfalls erst nach einer Zugabe entlassen wurde, nachdem sie zuvor die Schachzunft zu Lachsalven herausgefordert hatte durch ihre wunderbaren Verbindungen und Bezüge von Schach mit ihren Improvisationen, zu denen die Zuhörer die Stichworte lieferten. Den pädagogischen Teil übernahm „Ludwig“, die Software von Matthias Wüllenweber und ChessBase, die komponiert und die die in sekundenschnelle komponierten Stücke selbst instrumental vorträgt. Ein Programm, das bei Musikern große Beachtung findet und im Musikunterricht der Schulen wichtige Hilfe leistet. Matthias Wüllenweber stellte es vor und die frisch komponierten Stücke wurden live von einem Ensemblemitglied des Dimitrova Trios von der Beamerleinwand gespielt.

Über eine Veranstaltung selbst zu schreiben, an deren Organisation man mitgewirkt hat, ist nicht unproblematisch, daher lasse ich zum Abschluss einen Teilnehmer zu Wort kommen, wobei uns viele dieser Äußerungen erreicht haben:

„Vielen herzlichen Dank für die Organisation und den tollen Schach-Kongress in HH. Ich habe viel Neues, Interessantes und vor allem viel Motivation getankt. DANKE!"  (Malte Schacht)

Der Dank aller geht an die Schüler, Lehrer der Stadtteilschule Barmbek, die uns so gut betreut haben, an die Schule Genslerstraße für die Hilfestellung und die tollen Vorführungen, an den Hamburger Schachjugendbund, der die Versorgung und die Abendveranstaltung im Griff hatte, an ChessBase für die tolle gelebte Partnerschaft mit der DSJ, an die Referenten, den Arbeitskreis Schulschach der DSJ und an die Hamburger Senatorin für Schule und Berufsbildung Christa Goetsch, die die Schirmherrschaft über den 3. Schulschachkongress übernommen hatte.

Der 4. Schulschachkongress findet in Karlsruhe vom 04.-06.11.2011 statt mit tatkräftiger Unterstützung des Badischen Schachverbandes!

 

Jörg Schulz

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