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| International

Einer kam durch oder Abschlusschaos

Noch ganz ergriffen von der Siegerehrung der größten Weltmeisterschaft aller Zeiten sitze ich am Laptop an meinem Abschlussbericht... Wenn es man so wäre. Doch leider ging die Siegerehrung in einem totalen Chaos unter. Wer die WM-Berichte von Anbeginn an gelesen hat, wird sich an die erste Runde erinnern, die in einer Jahrmarktatmosphäre stattfand. Das bekam man schnell in den Griff. Doch das Finale setzte bei der ersten Runde wieder an. Dichtes Gedränge vor den Eingangstüren.

 

Dann Schlussverkaufswettrennen um die besten Plätze für die Siegerehrung. Ein Unterfangen, das sinnlos war. Denn der Saal bot maximal positiv gerechnet Sitzplätze für 800 Personen. Nun spielten aber schon über 1.400 Teilnehmer die WM, hinzu kamen mindestens 1.000 Begleiterpersonen. Also drängte es immer weiter in den Saal hinein, obgleich nirgendwo mehr ein Sitzplatz war. Was tun? In allen Gängen stehen bleiben und die besten Plätze direkt an der höchstens ein Meter hohen Bühne sichern.

 

Dort stand man schnell in Fünferreihen, was den Ehrengästen wunderbare Blicke auf weltweit gereiste Hinterteile bot, nur keinen Blick auf die Bühne. Dort begann ein Mann zu sprechen. Doch man verstand nichts, denn die Mikrofon- und Lautsprecheranlage war nicht auf diesen Saal eingestimmt.

 

Dementsprechend trat im Saal auch keine Ruhe ein, ein Sprachen- und Stimmengewirr wie auf dem Basar. Als nächstes kam der Türkische Schachpräsident ans Mikrofan. Er sprach von vielen Förderationen und ähnlichem, nichts genaues verstand man. Dann der erste Höhepunkt, der FIDE-Ehrenpräsident Campomanes kam auf die Bühne und ergriff wahrscheinlich das Wort. Er hatte zumindest das Mikrofon in der Hand, stand hinter dem Rednerpult, auf dem sein Zettel lag. Leider hielt er das Mikrofon weit ab vom Mund und sprach leise. Von seiner Rede war so gut wie nichts zu verstehen. Dafür war sie lang, sehr lang, mit vielen Pausen, gedanklichen oder rhetorischen, man weiß es nicht.

 

Der Lautstärkepegel nahm stetig zu, einige Male versuchte man ihn von der Bühnen zu klatschen, doch nahm er es wahrscheinlich als Zustimmung auf und sprach weiter. Danach wurde eine erste Ehrung durchgeführt, wobei ich noch keinen getroffen habe, der weiß, wer warum dort geehrt wurde. Es hielt sich sogar zahlreich das Gerücht, dass der Moderator nur Türkisch sprach, was aber nicht stimmte, er sprach in Türkisch und danach in Englisch, das sich jedoch kaum vom Türkischen unterschied. Die erste Erholungsphase kam jetzt mit einer folkloristischen Einlage, wobei die ersten Gruppen dabei waren die Siegerehrung entnervt zu verlassen. Der Tanzeinlage folgten nun die Meisterehrungen. Die ersten Sechs jeder Gruppe kamen auf die Bühne, alle erhielten Medaille, Pokal und ein Geschenk, der Weltmeister sogar einen Laptop, das war top! Zum Glück wussten wahrscheinlich die Preisträger schon vorher, wer welchen Platz belegte, denn tatsächlich kamen nach einiger Zeit immer sechs Sieger auf die Bühne.

 

Zusätzlich wurden am Rand der Bühnen die Fahnen gehisst und die Nationalhymne des Siegers gespielt. Leider bekamen die Geehrten aber kaum Applaus, denn das Ganze Geschehen lief an den Zuschauern vorbei. Einzig die einzelnen Delegationen bekamen gerade noch mit, wer gerade von ihnen auf die Bühne geholt wurde und applaudierten. Eine Feierlichkeit oder gar Hinwendung zu den Geehrten kam nicht auf beziehungsweise zustande. Schade für die, die auf der Bühne standen und den Applaus genießen wollten. Noch mal Folklore und dann die Ehrungen der U18 und eine Nationenwertung, bei der sich die Delegationsleiter auf dem Siegertreppchen feiern lassen durften. Und zwar in der Reihenfolge Russland, Georgien und China. Als diese Ehrung dann vollzogen war, verließen dann auch die letzten 100 bis 200 verbliebenen Personen, mehr hatten es bis dahin nicht mehr ausgehalten, fluchtartig den Saal, obgleich der Moderator auf der Bühne eifrig weiter ins Mikrofon sprach. Ein vollkommen missglückter Versuch eines würdigen Abschlusses einer ansonsten befriedigenden WM.

 

Zum Glück wusste ich aus unserer letzten Runde, dass keiner von uns auf die Bühne musste, durfte, so dass ich ganz entspannt dem Chaos zuschauen konnte. Dass wir das wussten, verdankten wir aber auch nur der Technik Handy, denn ohne die Anrufe nach Hause oder von zu Hause zu uns würden wir immer noch rätseln, wer welchen Platz erreicht hat, denn diese Information schafft der Veranstalter nicht vom Hotel Limra bis in unser Hotel Alinda zu bringen, und das Internet, aber das hatten wir ja schon in früheren Berichten behandelt.

 

Mit Sebastian Bogner U16, Patrick Zelbel U14 und Sebastian Kaphle hatten ja in der letzten WM-Runde noch drei Spieler die Chance auf 8 Punkte zu kommen und damit unter die ersten 10.

Die Partie von Sebastian Bogner an Brett vier war eigentlich eine Übertragungspartie für das Internet aber auch in der alles entscheidenden Schlussrunde bleiben sich die Türken treu und brachten stattdessen eine Partie von Brett 18 mit Türkenbeteiligung. Der Sponsoren wegen, so heißt es entschuldigend. Schade, denn Sebastian schaffte das Erhoffte. Er schlug seinen israelischen Gegner mit einer Zahl von 2420 nach wechselhaftem Partieverlauf. Die Eröffnung gelang Sebastian nicht so gut, so das lange Zeit die Remisbreite nicht überschritten wurde. Doch einige ungenaue Züge des Gegners brachten Sebastian ins Spiel und auf die Siegerstraße. Am Ende reichte es für Platz 7, knapp an der Bühne vorbei.

 

In den ersten zwei Zuschauerstunden waren sich eigentlich alle Beobachter sicher, dass Patrick Zelbel die meisten Chancen hatte, auf 8 Punkte zu kommen. Die vorbereitete Eröffnung mit angestrebter Variante kam aufs Brett. Patrick stand aktiv und gut. Doch trotz Bauerngewinn kam Zug für Zug der Gegner zum Gegenspiel und es entbrannte ein langer Kampf, der dann im Turmendspiel mit Remis endete. Platz 15 mit 7,5 Punkten für ihn.

 

Bei Sebastian Kaphle U12 jedoch sah es sehr frühzeitig nach einem Remis aus. Wie in der Vorbereitung besprochen, wurde schnell in ein Endspiel abgewickelt, das vorteilhaft für Sebastian gewesen sein sollte. War es vielleicht auch, doch Sebastian schaffte es nicht, es über ein Remis hinaus zu bringen. Auch er blieb bei 7,5 Punkten und Platz 15.

 

Der nächste Spieler, der in diese Regionen vordringen konnte, war Ilja Brener in der U18. Er hatte vor der 11. Runde 6,5 Punkte aufzuweisen und ging mit dem Prinzip alles oder nichts in die Partie. Er bekam alles und mit 7,5 Punkten den 12. Platz.

 

Im Mädchenbereich hatte in der U14 Anna Endresse mit ihren 6 Punkten wie auch Judith Fuchs U18 ihren Chance, mit 7 Punkten noch vorne mitzumischen. Anna stand schnell gut und spielte eine gute sichere Gewinnpartie.7 Punkte und Platz 18 ihr Lohn. Bei Judith reichte es nicht zum Erfolg, sie blieb mit einem Remis bei 6,5 Punkten hängen, Platz 19.

 

Das waren dann auch alle Platzierungen unter den ersten 10 beziehungsweise 20 der Tabelle. Ab jetzt beginnen die Plätze von 30 aufwärts, bei den Feldern von jeweils weit über 100 Spielern, allemal noch gute Platzierungen.

 

Überhaupt war die Schlussrunde auch wieder eine gute Runde für die Deutschen. 15,5 Punkte kamen zusammen. Hier die Zusammenfassung:

 

U8 Paula Wiesner gewinnt, U10 Sonja Maria Bluhm gewinnt, Dennes Wagner remis, Dominik Nöttling ein schneller, sicherer Erfolg, Christoph Peil gewinnt und Jakob Schuhmacher sowie Ferdinand Xiong verlieren.

 

In der U12 erwischt es Hans Möhn , hingegen spielt Philip Kyas remis. Filiz Osmanodja gewinnt schnell und sicher, Hanna Marie Klek versucht alles, aber mehr als Remis ist nicht drin, Daniela Schäfer verliert.

 

Anja Schulz U14 schafft zum Abschluss ein Remis, Felix Graf gewinnt und Alexander Jussupow verliert.

Aleksyi Savchenko U16 gewinnt souverän, so hätte man es sich von ihm öfter gewünscht, Julian Jorczik und Hagen Poetsch müssen mit Remis zufrieden sein. Elena Winkelmann verliert noch einmal und muss diese WM ganz schnell abhaken und vergessen, Ekaterina Jussupow schließt mit einem Sieg ab.

 

Insgesamt ergab dies folgende Punkteverteilung: 1 x 8;3 x 7,5; 1 x 7; 7 x 6,5; 6 x6 Punkte und damit liegen 18 Starter von 26 über 50 Prozent der möglichen Punkte. 3 haben genau 50 Prozent erreicht und nur 5 Spieler liegen mit 4 x 5 und 1 x 4,5 Punkten darunter. Also ein Gesamtergebnis, mit dem man zufrieden sein kann, auch wenn der ganz große Wurf ausblieb und einige Mädchen und Jungen deutlich unter den realistischen Erwartungen blieben, andere hingegen mehr unter den Erwartungen, die von außen kamen und geprägt waren durch Unkenntnis der internationalen Spielstärkenentwicklung. Es geht rasant vorwärts mit dem internationalen Jugendschach, einzig Afrika "muss nicht gefürchtet werden", aber zum Beispiel Lateinamerika holt auch immer mehr auf.

 

Zwischenzeitlich war etwas Katerstimmung im Team aufgekommen, aber am Ende auf der deutschen internen Siegerehrung, auf der die Spieler mit den Top-Ergebnissen sich alle ihre Preise abholen durften, zeigte sich die Teamleitung zufrieden. Vor allem mit der Einstellung im gesamten Team, bei den Eltern angefangen, die unterstützten und halfen, aber nicht behinderten, bis über die Trainer und die Spieler, die alle Kampfgeist und gute Moral zeigten, Keine Salonremisen, faires Verhalten am und neben dem Brett.

 

Vietnam wir kommen, möchte man ausrufen, doch schwanken derzeit noch die Meinungen in Spieler- und Elternkreisen. Die nächste WM, sie wurde vor Ort kräftig beworben, findet vom 19.-31.10.2008 in Vung Tau, ein wunderbare Badeort im Süden von Vietnam, statt.

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