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DSJ-Forum

Ausgabe 03 2005

Verstärktes Schachinteresse im Kinderbereich

Die Mitgliederzahlen zeigen es deutlich, seit einigen Jahren verzeichnen die Schachvereine einen starken Zulauf von Kindern bis 10 Jahren. Auch das Schulschach sendet ähnliche Signale aus, immer mehr Grundschulen wollen beziehungsweise bieten Schachkurse an.

Diese positive Entwicklung wirft aber natürlich auch viele Fragen auf, denen sich die Schachorganisation stellen muss und auf die sie Antworten geben können muss. Als Beispiele seien hier einige der Fragenkomplexe genannt:

  • Wie biete ich Schach kindgerecht an?
  • Wer kann mit Kindern arbeiten?
  • Wie müssen Turniere gestaltet werden?
  • Wie kann das spontane Interesse an Schach zu einem dauerhaften entwickelt werden?
  • Welche Trainingsmaterialien gibt es?
  • Welche Trainingsmethoden sollte man anwenden?

Seit gute drei Jahren sitzt eine von der Jugendversammlung der Deutschen Schachjugend eingesetzte Arbeitsgruppe an diesem Thema und hat zusammen mit Turnierveranstaltern, mit einzelnen Schachjugenden und auch mittels eines Workshops über kindgerechte Turniere versucht Antworten zu finden.

Die Jugendversammlung 2004 in Heidelberg verabschiedete ein Positionspapier als Arbeitsgrundlage für alle weitere Handlungsschritte im Bereich Kinderschach, wobei wir damit den Bereich bis acht Jahren verstehen:

Positionspapier der Deutschen Schachjugend

zum Schach mit Kindern unter 8 Jahren

Die Deutsche Schachjugend hat mit dem Thema „Schach mit Kindern unter 8 Jahren“ bereits vorhandene Initiativen und Projekte der Schachvereine, Landesschachjugenden, Kindergärten und Grundschulen aufgegriffen. Die Grundposition der DSJ ist es dabei, für eine verantwortungsbewusste und pädagogisch sinnvolle Verbreitung des Schachs im Kinderbereich einzutreten. Denn wir begegnen immer wieder den Sorgen von Eltern und Betreuern, ob Schach für Kinder unter 8 Jahren überhaupt geeignet sei. Die Deutsche Schachjugend vertritt hierzu folgende Auffassungen:

  1. Kinder im Alter unter 8 Jahren erfassen ihre Umwelt im Spiel und spielen aus Freude daran - auch Schach. Das Spiel Schach mit seinen spielerischen Formen und Variationen ist daher gerade für Kinder unter 8 Jahren geeignet.
  2. Kinder im Alter unter 8 Jahren können bereits die Schachregeln erlernen und Schach spielen. Regeln bestimmen im hohen Maße das Leben von ihnen und das Schachspiel erlaubt ihnen eine spielerische Auseinandersetzung damit. Mit Schach und durch Schach lernen Kinder spielerisch soziales Verhalten. Zudem ist die Komplexität des Spiels grundsätzlich eine Herausforderung für sie.
  3. Schach ist für Kinder unter 8 Jahren pädagogisch wertvoll und vermittelt auf spielerische Art Schlüsselqualifikationen wie das Konzentrationsvermögen, abstraktes Denken oder räumliches Vorstellungsvermögen. Daher ist Schach auch im Kindergarten und in den Grundschulen ein sinnvolles Angebot.

Das Schach von Kindern unter 8 Jahren unterscheidet sich aber maßgeblich von dem der Jugendlichen und Erwachsenen. Daher müssen auch die Angebote der Vereine und der Landesschachjugenden für Kindern anders gestaltet werden. Hierin sieht die Deutsche Schachjugend eine hohe Verantwortung und setzt sich daher dafür ein,

  1. dass das Training mit Kindern unter 8 Jahren spielerisch gestaltet wird und das Spielen von Schach und seiner Variationen im Mittelpunkt steht. Sowie dass das Training nicht zu lange dauert und den hohen Bewegungsdrang der Kinder berücksichtigt.
  2. dass das Training grundsätzlich nur von ausgebildeten Schachpädagogen mit einer Fortbildung im Kinderschach oder entsprechenden beruflichen Erfahrungen angeboten wird.
  3. dass bei Wettkampfangeboten für Kinder unter 8 Jahren der Spaß und die Vielseitigkeit im Vordergrund stehen und Leistungsnormen die Kinder nicht unter Druck setzen.
  4. dass die Schachvereine den Kindern unter acht Jahren mehr bieten als nur das Schachspielen. Dazu gehören auch Angebote der allgemeinen Jugendarbeit wie Bastelnachmittage, Ausflüge und Feiern.
  5. dass mehr Schachvereine Kindergruppen einrichten und Kindern unter 8 Jahren die Möglichkeit bieten, das Schachspiel zu erlernen und Aufnahme in die Gemeinschaft der Schachgruppen zu finden.

Die Deutsche Schachjugend entwickelt ein Konzept für Schachspielfeste, sowie Empfehlungslisten für Schachliteratur, Fortbildungsveranstaltungen für C-Trainer, beispielhafte Kinderturniere, Ratschläge zur Gestaltung des Trainings und Richtlinien für Turnierveranstalter von Kinderturnieren, um Vereine, Landesschachjugenden aber auch Bildungseinrichtungen fit zu machen für das Schach mit Kindern unter 8 Jahren.

Gemeinsamer Beschluss

DSB und DSJ

  1. Das Präsidium des Deutschen Schachbundes nimmt die Aktivitäten und das Positionspapier der Deutschen Schachjugend, welches im Rahmen der Projektarbeit zu Schach mit Kindern unter acht Jahren entstanden sind, zustimmend zur Kenntnis. Insbesondere die schachlichen Aktivitäten in der Altersklasse unter acht Jahren sollen weiter gefördert werden.
  2. Das Präsidium des Deutschen Schachbundes unterstützt die Vorschläge der Deutschen Schachjugend zur Qualifizierung von Schachtrainern für die Arbeit mit Kindern unter acht Jahren und arbeitet entsprechende Maßnahmen in die Rahmenrichtlinien des Deutschen Schachbundes für die Ausbildung von Fachübungsleitern und Schachtrainern ein. Dieser Bereich besitzt für die Arbeit mit Kindern unter acht Jahren eine besondere Bedeutung und soll daher durch gemeinsame Initiativen und Modellmaßnahmen der Deutschen Schachjugend und des Deutschen Schachbundes schnellstmöglich angegangen werden.
  3. Das Präsidium des Deutschen Schachbundes steht dem Leistungssport auch in der Altersklasse unter acht Jahren aufgeschlossen gegenüber, weil es für den Leistungssportbereich des Deutschen Schachbundes von großer Bedeutung ist, Talente so früh wie möglich zu erkennen und zu fördern. Dabei müssen die zuständigen Funktionsträger ihrer besonderen Verantwortung bei der Arbeit mit Kindern unter acht Jahren gerecht werden.
  4. Das Präsidium des Deutschen Schachbundes fordert die Kommission Leistungssport auf, vor Nominierungen zu Welt- und Europameisterschaften in der Altersklasse unter acht Jahren besonders sorgfältig zu prüfen, ob eine Beschickung verantwortet werden kann. Bei einer Beschickung ist insbesondere auf die Auswahl geeigneter Trainer für die Altersklasse unter acht Jahren zu achten. Darüber hinaus sollen die Meisterschaften auf eine kindgemäße Ausrichtung hin unter Einbeziehung der Kriterien der Deutschen Schachjugend analysiert werden.
  5. Das Präsidium des Deutschen Schachbundes beauftragt die Kommission Leistungssport und die Deutsche Schachjugend, gemeinsam ein Konzept zu Leistungsschach mit Kindern unter acht Jahren zu erarbeiten, welches insbesondere eine breite Grundlagenausbildung und das spielerische Heranführen der Kinder an den Leistungssport sowie eine Veränderung der Trainerausbildung berücksichtigt.

Kassel, Februar 2005

Warum Ferienfreizeiten?

Sommerlager der Deutschen Schachjugend

Im DSJ-Kalender taucht immer wieder ein Sommerlager als Ferienmaßnahme der DSJ auf. In den Schachmedien wird darüber berichtet, weshalb an dieser Stelle nicht mehr besonders hervorgehoben werden muss, dass jeweils ca. 50 Kinder eine Woche lang Schach gepaart mit viel Spaß und sehr viel Sonne genießen wollen und mit dem Sommerlager können. Da alleine aber die Feststellung, dass Kinder Spaß und Gefallen haben an Ferienmaßnahmen, den Skeptikern und Kritikern als Begründung nicht ausreicht, sollen im Folgenden einige Überlegungen vermiitelt werden, warum es auch für eine Schachorganisation eine „zwingende“ Aufgabe ist, in ihr Programm Ferienfreizeiten etc aufzunehmen.

In dem Berichtsheft zur Jugendversammlung der Deutschen Schachjugend 2005 hat der stellvertretende Vorsitzende Jan Pohl dazu einige sehr interessante Ausführungen gemacht:

„Man mag sich wundern, warum eine Sportorganisation ihr Geld in eine Veranstaltung steckt, von der sie als Sportorganisation nichts hat. Die Teilnehmer des Sommerlagers spielen zwar Schach, aber sie werden nach dem Sommerlager noch auf dem gleichen Niveau spielen, mit dem sie auch angereist sind. Sie werden mit Sicherheit täglich zum Schachbrett greifen, sie werden das aber nur tun, wenn sie selbst dazu Lust haben und nicht, weil der Trainer ruft.

Nun muss man sich aber vor Augen führen, dass die Aufgaben einer Sportorganisation wesentlich weiter gefasst sind, als ihre Mitglieder lediglich zu einer effektiveren Art und Weise zu führen, ihren Sport auszuüben. Die Deutsche Schachjugend hat als Sportorganisation die Aufgabe, für die Verbreitung ihres Sports zu sorgen und sie hat, was in diesem Fall von viel größerer Bedeutung ist, weil die Teilnehmer des Sommerlagers ja bereits Schachspieler sind, für den Erhalt der Sportart zu sorgen. Kinder und Jugendliche bleiben einer Sportart erhalten, wenn sie sich in dieser Sportart zu Hause fühlen. Entweder tun sie das, weil sportlicher Ehrgeiz sie darin unterstützt oder sie tun das, weil ihnen das Umfeld gefällt und sie Freunde gefunden haben.

Jeder Verein hat die Aufgabe, beiden Interessenlagen gerecht zu werden. Dem sportliche Ehrgeiz wird in der Regel durch spielbetriebliche Angebot genüge getan, doch wie sieht es mit der geselligen Komponente aus? Wird ein Verein auch die Kinder und Jugendlichen auf Dauer ansprechen können, die Spaß am gemeinsamen Sport haben, für die der Leistungsaspekt aber nicht so im Vordergrund steht? Wenn der Verein in der Breite wirken will, wenn er gewährleisten möchte, dass alle Spieler, die mit dem Schachsport begonnen haben auch lange dem Schachsport erhalten bleiben, wird er nicht umhin kommen für diese Zielgruppe Angebote bereit zu halten.

Jugendreisen und Jugendfreizeiten sind Teil eines solchen Angebots, sie sind „konzentrierte Geselligkeit“. Kinder und Jugendliche, die sich das Jahr über nur einmal die Woche am Spieltag gesehen haben, lernen sich über eine ganze Woche besser kennen und möglicherweise schätzen. Freundschaften werden intensiviert. Der Kontakt zu den Trainern und Betreuern wird intensiviert. An dieser Stelle muss erneut betont werden, dass eine Sportorganisation wie die Deutsche Schachjugend und wie jede Landesschachjugend und jeder Verein auch, gleichzeitig Jugendorganisation ist, die Verantwortung für Erziehung und Sozialisation von Kindern und Jugendlichen als gesellschaftliche Aufgabe übernommen hat und dass Jugendreisen in diesem Zusammenhang für viele Kinder und Jugendliche zum ersten Mal eine Zeit ohne Eltern bedeutet, in der sie Eigeninitiative zeigen müssen und gezwungen sind, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Das Vertrauen und die Vertrautheit, die im Laufe der Reise gewonnen wurden, kommen auch nach dieser Zeit dem Verein zugute, weil soziale Kontakte gestärkt wurden, die im Rahmen des Vereinslebens aufrechterhalten werden. Jugendliche, die selbst einmal Teilnehmer solcher Reisen waren, möchten mit fortschreitendem Alter gerne die andere Perspektive kennen lernen und fahren als Betreuer mit.

Warum nun richtet die Deutsche Schachjugend solche Jugendfreizeiten aus, obwohl sie nach der Freizeit nicht von den direkten Nachwirkungen profitieren kann? Auf der einen Seite hat die Deutsche Schachjugend aus oben genannten Gründen ein natürliches Interesse daran, ihren Mitgliedern attraktive Angebote zu machen, um zu zeigen, dass Schach eine lebendige Sportart ist und dass es sich lohnt, sich mit dieser Sportart zu identifizieren. Auf der anderen Seite ist das Sommerlager eine Möglichkeit für Vereine, die aufgrund von Personalmangel oder kleinen Jugendgruppen nicht die Kraft aufbringen, eigene Jugendreisen zu organisieren, trotzdem ein solches Angebot bereithalten zu können, indem sie mit einer Gruppe zum Sommerlager anreisen und sich dort in die große Gruppe integrieren. Dieser Aspekt und Effekt des Sommerlagers muss deutlich betont werden, denn noch immer stellen Einzelgäste den größten Anteil an Sommerlagerteilnehmern.

Das Sommerlager der Deutschen Schachjugend wird es auch noch in den nächsten Jahren geben. Zum einen möchte die DSJ weiterhin Vereingruppen die Möglichkeit geben, ihren Mitgliedern durch die Teilnahme am Sommerlager ein attraktives Programm zu bieten, zum anderen möchte sie aber auch Modellprojekt für Jugendreisen in den Landesschachjugenden sein, denn die DSJ hat ein erklärtes Interesse daran, in vielen Landesschachjugenden jährliche Sommerlager zu initiieren. Zu diesem Zweck will die DSJ in diesem Jahr allen Interessierten konzeptionelle und möglicherweise auch finanzielle Hilfe zukommen zu lassen.

Das nächste Sommerlager der DSJ findet vom 30. Juli bis zum 6. August 2005 in der Jugendherberge Eschwege statt.“

Jan Pohl

Impressum DSJ-Forum

Herausgeber: Deutsche Schachjugend, www.deutsche-schachjugend.de

Verlag: JugendSchachVerlag, Partner der Deutschen Schachjugend

Redaktionsanschrift: Geschäftsstelle Deutsche Schachjugend, Jörg Schulz, Hanns-Braun-Str. Friesenhaus I, 14053 Berlin

Das DSJ-FORUM ist das Informationsblatt der Deutschen Schachjugend. Es erscheint 12 mal im Jahr als Beilage der Zeitung JUGENDSCHACH. DSJ-FORUM wird gefördert aus Bundesmitteln des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.