Bereits zum 15. Mal findet in diesem Jahr parallel zur Deutschen Einzelmeisterschaft auch ein Open für Jugendliche U25 statt. Seit fünf Jahren ist dies zugleich die Deutsche Juniorenmeisterschaft des Deutschen Schachbundes. In dieser Zeit erfreute sich die Meisterschaft immer größerer Beliebtheit und ist von anfangs 50 Jugendlichen in 2004 auf eine Größe von zuletzt 250 Teilnehmenden angewachsen. In all dieser Zeit diente die Offene Meisterschaft U25 - da nicht fest in der DSJ-Jugendspielordnung verankert - auch immer wieder dazu, neue Ideen einmal auszuprobieren.
So wurde bis 2009 mit der aus dem Fußball bekannten Drei-Punkte-Wertung gespielt. Seit dem Folgejahr findet die Meisterschaft zwar mit der traditionellen Punkteverteilung statt, dafür aber in zwei Gruppen: Ein Jahr aufgetrennt in U14 und U25, und seitdem in zwei Gruppen nach Wertungszahlen.
Angesichts der 162 Teilnehmenden der A-Gruppe wurde im Vorjahr dann wieder etwas Neues ausprobiert. Erstmals loste man nach dem beschleunigten Schweizer System aus. Nicht jedoch nach der traditionellen Variante mit Viertel- statt Hälftenbildung, sondern nach einem System, das erst kurz zuvor von der FIDE als "Baku Accelerated Pairings" (Baku Beschleunigtes System) vorgestellt wurde. Nach nur einem Jahr kehren wir diesem System zwar zugunsten der Aufsplittung in drei statt zwei Gruppen wieder den Rücken, der Arbeitskreis Spielbetrieb (AKS) zieht aus den Erfahrungen von 2017 aber dennoch ein positives Fazit.
Das Baku Beschleunigte System ist zwar ungewohnt, aber dennoch schnell zusammengefasst: Bei unserem neunrundigen Turnier erhalten die Spieler der oberen Setzlistenhälfte in den Runden 1 bis 3 einen zusätzlichen virtuellen Punkt, welcher in den Runden 4 und 5 auf einen halben reduziert wird und zur 6. Runde schließlich gänzlich entfällt. Die Ranglisten werden jeweils ohne diesen Punkt gebildet, aber zur Paarungsermittlung werden die virtuellen Punkte herangezogen. In großen Turnieren nach Schweizer System soll so die DWZ-Differenz zwischen den Teilnehmenden von Beginn an reduziert werden, um schneller Partien gegen Gegner auf ähnlichem Niveau zu ermöglichen.
Die FIDE hat dieses System mittlerweile offiziell in ihr Handbuch aufgenommen. Ihre empirische Analyse, wie man auf die oben skizzierte Aufteilung der virtuellen Punkte in den ersten Runden kommt, füllt ganze 45 Seiten.
Der AKS hat nach der Meisterschaft 2017 mehrere Teilnehmende zu ihren Eindrücken befragt und überwiegend positive Rückmeldungen erhalten. Auch ein Blick in die Zahlen belegt, dass der gewünschte Effekt tatsächlich eingetreten ist und insbesondere in den ersten Runden die starken Unterschiede von bis zu 350 Punkten zwischen den Kontrahenten ausblieben. Im Mittel betrug die DWZ-Differenz dagegen stets etwa 200 Punkte, wie sich gut den beiden beigefügten Diagrammen entnehmen lässt.
Im A-Turnier sind deutliche Sprünge nach der dritten und fünften Runde erkennbar. Durch den Wegfall von jeweils einem halben virtuellen Punkt gelangen Spieler der oberen Setzlistenhälfte, die bis dahin unterdurchschnittlich gepunktet hatten, in nochmal schwächerere Punktgruppen, sodass die DWZ-Unterschiede wieder größer werden. Alles in allem ist der Sprung zur 6. Runde zwar ungeschickt, aber auch nicht ausschlaggebend für die Abkehr vom Beschleunigten System in 2018.
Viel mehr ist die Teilung in drei Gruppen schlicht einfacher - für die Teilnehmenden, die kaum mehr in der Lage waren, die Paarungen nachzuvollziehen; aber auch für die Turnierleitung. Es gibt noch kein Programm, dass das Baku Beschleunigte System implementiert. Im von der DSJ verwendeten Swiss-Chess kann das Auslosungsprozedere zwar mit Hilfe von Sonderpunkten nachgebildet werden, trotzdem erfordert es eben im Laufe des Turniers dreimal die manuelle Anpassung von jeweils knapp 130 Spielerdaten. Und damit ausgehangene Rang- und Paarungslisten nur mit den realen Punkten ausgewiesen werden, müssen vor jedem Druck die Sonderpunkte wieder entfernt werden. Das lässt sich aber zumindest automatisieren.
Mit Hilfe der Sonderpunkte ist so ein Turnier nach dem Baku Beschleunigten System also durchaus in Swiss-Chess darstell- und händelbar. Aber um das mal in Relation zu setzen: Die Auslosungen der zwei ODJM-Gruppen dauerte im vergangenen Jahr stets doppelt so lang wie die Auslosungen aller anderen Altersklassen zusammen. Das geht schon - aber eben nur, wenn man sich die Zeit dafür nehmen kann.
Falco Nogatz, Nationaler Spielleiter