Gestern zum Olympiatag gab’s nicht nur Zeitungsartikel, Broschüren, Olympia-Lollies und anderes, sondern sozusagen auch „zum Anfassen und Nachfragen“. Dr. Dirk Jordan, der Organisationschef der Schacholympiade 2008, reiste extra zur DEM an, um die Teilnehmer mit neuesten Informationen zu versorgen. Jordan war einer der maßgeblichen Köpfe, die die Schacholympiade nach Dresden holten.
Herr Dr. Jordan, nun sind es nur noch sechs Monate bis zur Schacholympiade. Wie ist der Stand der Planung in Dresden?
Dr. Jordan: Wir sind auf einem guten Weg. In vielen Bereichen sind wir mit den Planungen schon ziemlich weit, besonders was die Nutzung des Internationalen Congress Centers (ICC) betrifft. Dort findet ja nicht nur die Schacholympiade, sondern auch die vielen Rahmenturniere statt. Das erfordert eine große Koordination. Aber wie es bei solchen Großveranstaltungen üblich ist: Wir werden sicher noch einige ‚Kühe vom Eis bringen’ müssen.
Was ist denn das Besondere der Schacholympiade in Dresden?
Mit dem ICC haben wir in Dresden einen modernen und großzügigen Austragungsort, der mit tollem Blick direkt an der Elbe und am Rande der Innenstadt liegt. Es ist eine Meisterschaft der kurzen Wege. Alle wichtigen historischen Stätten der Stadt Dresden sind bequem zu Fuß erreichbar, so auch das historische Rathaus. Dort werden wir die „World of Chess“ einrichten, eine bisher einzigartige Idee bei einer Schacholympiade. Das Rathaus wird zum zentralen Ort der Begegnung. Denn hier wird es nicht nur Ausstellungen und kulturelle Angebote rund ums Thema Schach geben, sondern wir werden dort auch das zentra-le Catering einrichten. Das heißt, alle SpielerInnen nehmen dort ihre Mahlzeiten ein. Und in diesem Bereich ist der Eintritt auch für Besucher offen und kostenlos.
In der „World of Chess“ hat also jeder die Chance, mit den Profis in Kontakt zu kommen. Damit hauchen wir auch dem olympischen Geist Leben ein: Wir schaffen einen Ort der Begegnung zwischen den Kulturen, zwischen Leistungs- und Breitensportlern, zwischen Spielern und Zuschauern. Das wird einer der Gründe für den besonderen Charme der Dresdner Olympiade.
In der Vorbereitung auf die Olympiade hat Dresden in den letzten Jahren einige Großveranstaltungen organisiert, zuletzt die EM 2007. Dort gab es ja einige Kritik, vor allem an der Internetübertragung von Partien.
Insgesamt war die EM eine gelungen Veranstaltung. Sie und die anderen Großereignisse waren jedoch auch wichtig für uns, weil sie genau die Knackpunkte aufgezeigt haben, bei denen wir noch nachlegen mussten. So war das WLAN wegen der besonderen Architektur des ICC nicht wirklich stabil und es kam zu einigen Problemen. Mit der Power externer Partner aus der Wirtschaft und der Uni Dresden haben wir nun aber eine ganz neue Lösung entwickelt. Mit Hochleistungsservern, einem eigenen Breitbandzugang und zwei Kilometer Kabeln im ICC werden wir alle 500 Bretter live ins Netz übertragen.
Bei der DEM haben wir maximal 32 Bretter gleichzeitig online…
Bei der Schacholympiade in Turin 2006 wurde fast die gleiche Anzahl Bretter übertragen wie wir es nun vorhaben. Aber sonst ist mir kein Turnier mit einer ähnlich hohen Übertragungszahl bekannt. Wir stecken da viel Geld und Power hinein. Aber wer sich technisch damit auskennt, der weiß, dass es trotzdem bis zum letzten Moment spannend bleibt.
Wie groß ist eigentlich sechs Monate vor der Olympiade das Interesse in der Öffentlichkeit?
Ich denke, das muss man unterscheiden. Von den Schachspielern wissen die meisten, dass diese besondere Veranstaltung nach Deutschland kommt und das Interesse ist auch recht hoch. Für die allgemeine Öffentlichkeit ist es aber glaube ich noch zu weit weg. Zunächst kommen noch die Fußball-EM und die Olympischen Sommerspiele. Erst danach wird der Spannungsbogen nach oben gehen und durch die Schach-WM in Bonn sicher noch einen zusätzlichen Schub erleben.
Waren also alle bisherigen Anstrengungen, die Schacholympiade einem breiteren Publikum bekannt zu machen, erfolglos?
Nein, überhaupt nicht. Ich finde, es ist deutlich zu spüren, dass Schach in der öffentlichen Wahrnehmung in den letzten zwei, drei Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Unser Sport ist auch viel präsenter in den Medien, und das wird sich noch weiter steigern, je näher wir der Olympiade kommen. Die Durchführung des Turniers wird das Schach in Deutschland noch weiter nach vorne bringen.
Wie beurteilen Sie die Aktivitäten der Deut-schen Schachjugend und des Schachbundes im Vorfeld der Schacholympiade?
Alle Aktivitäten im Vorfeld der Schacholympiade sind eine absolute Bereicherung. Seit der Ent-scheidung für Dresden vor vier Jahren leisten DSJ und DSB wirklich gute Arbeit in den Olympia-Projekten. Ein absolut gigantisches Projekt ist zum Beispiel die Aktion ‚Partnerschulen der Schacholympiade’. Angefangen von der Idee über die tolle Auftaktveranstaltung mit Wladimir Kramnik bis hin zu den großartigen Projekten, in denen sich die Schulen mit ihrem Partnerland beschäftigen. Das ist eine super Aktion. Wir freuen uns wirklich schon darauf, wenn die Schulen nach Dresden kommen. Ihre Projekte werden übrigens auch in der ‚World of Chess’ ausgestellt.
Besonders erfolgreich sind aus meiner Sicht zudem die Simultantournee der Nationalspieler durch die deutschen Vereine und der Aufbau von zwei Jugendolympiamannschaften. Es war völlig richtig und wichtig, den zweiten deutschen Start-platz nicht mit einer normalen B-Mannschaft zu besetzen, sondern langfristig ein Nachwuchsprogramm aufzulegen.
Wie sieht Ihre Perspektive für das deutsche Schach nach der Olympiade aus?
Meine Hoffnung ist, dass wir den eingeschlage-nen Weg in der DSJ, im DSB, aber auch im Schulschach weiterverfolgen. Wir müssen den Schwung der Olympiade bewahren und auch in Zukunft solch erfolgreiche Projekte kreieren, wie wir es jetzt in der Vorbereitung auf die Olympiade getan haben.
Sonst ist die Schachjugend ja immer stolz darauf, dass die DEM die größte Schachveranstaltung in Deutschland ist. Im Jahr der Olympiade sind wir natürlich nur ‚Zweiter’. Wie gefällt Ihnen als Olympia-Organisator denn eigentlich die DEM 2008?
Ich bin immer wieder begeistert über die DEM. Sie ist sicherlich mit Abstand das schönste traditionelle Schachturnier in Deutschland. Die Begeisterung der Kinder, die Vielfalt der Aktivitäten, das riesige Engagement aller Freiwilligen… Das ist wirklich spitze, was Ihr hier auf die Beine stellt.
Am Nachmittag stellte Dr. Dirk Jordan vor interessierten Zuhörern „noch brühwarme“ Fakten zur Schacholympiade vor, die besonders für Zuschauer interessant sind. Einige davon fassen wir hier zusammen:
Ein Tagesticket kostet 9,50 Euro, durch die vielfältigen Ermäßigungen teilweise jedoch nur 4,50 Euro, so z.B. für die Teilnehmer der Rahmenturniere. Mit einem solchen Ticket kommt man auf bis zu zweieinhalb Metern an die Spit-zenbretter heran. Inhaber eines Gold-Tickets (nur 50 Tickets pro Tag, Tagespreis: 35 Euro) haben Zugang zum gesamten Spielbereich und können sich also auch zwischen den Tischen bewegen. Der Analysebereich ist für alle Besucher uneingeschränkt zugänglich.
Im Rahmenprogramm gibt es zahlreiche Tur-niere zu unterschiedlichsten Anlässen: Familienturnier, Tandem, Blitz, Open, der Deutschland-Cup und und und. Teilweise werden diese Turnie-re morgens an den Brettern gespielt, an denen nachmittags die Olympiade ausgetragen wird.
Die Deutsche Bahn hat ein Sonderangebot für den Zeitraum der Olympiade aufgelegt: Für 89 Euro kommt man aus ganz Deutschland nach Dresden und wieder zurück. Einfach bei telefonischer Buchung angeben, dass man zur Schacholympiade möchte!
Für die Durchführung der Olympiade werden noch Volunteers - freiwillige Helfer - für die ver-schiedensten Aufgabenbereiche gesucht. Bewerbungen sind übers Internet möglich.
Trotz des Großereignisses Schacholympiade werden in Dresden ausreichend Hotelbetten auch für ganz kurzfristige Buchungen zur Verfügung stehen. Da die Reservierungszahlen jedoch deutlich nach oben gegangen sind, wird es für Schnäppchen immer knapper. Wer also langfristig planen kann, der sollte möglichst bald nach einem Zimmer schauen.
Alle diese Informationen findet ihr ausführlich auf der Internetseite: