Voilà: Laurent en tour
Einen Franzosen würde man wohl kaum als „Exoten“ bezeichnen. Bei Laurent Freyd ist das allerdings ein wenig anders. Denn Laurent ist sozusagen der erste „Austausch-Schiedsrichter“ bei einer Deutschen Meisterschaft. Der sympathische 28-Jährige Franzose aus der Nähe von Paris ist Mitglied der französischen Schiedsrichterkommission und Turnierleiter bei der französischen Jugendmeisterschaft. Auf Einladung der DSJ „pfeift“ er nun erstmals auch bei der DEM.
Die DEM mal zwei
Wer bisher meinte, die DEM sei ein besonders großes Turnier, den muss Laurent allerdings enttäuschen. „Die französische Jugendmeisterschaft wird ebenfalls jährlich zentral an einem Ort ausgerichtet“, erzählt er von seiner Arbeit in Frankreich. „Neben den sieben offiziellen Meisterschaften von der U8 bis zur U20 gibt es auch noch zwei Open für die U10 und die U16.“ Beim Turnier im April traten insgesamt 1079 Spieler gegeneinander an – mehr als doppelt so viele wie bei der DEM! Während die Kinder in der U8 und U10 nur fünf Tage lang spielen, sind es bei den Älteren – wie bei der DEM – acht Tage.
Eine Besonderheit der „französischen DEM“: Die U18 und die U20 werden seit wenigen Jahren als Open gespielt, eine Qualifikation ist nicht erforderlich. „Damit haben wir auf die sehr niedrigen Mitgliederzahlen in diesen Altersklassen reagiert“, erläutert Laurent die Idee. Das gleiche Problem ist auch in den deutschen Vereinen bekannt. Das französische Modell sorgte für deutlich steigende Teilnehmerzahlen.
Kinder und der Leistungssport
Die Altersklasse U8 wird in Frankreich schon umso länger ausgespielt. Allerdings ist das Thema umstritten – ganz wie in Deutschland. „Gerade in dieser Altersklasse ist sehr viel Glück mit im Spiel. Die Konzentration der Kinder schwankt noch zu stark für einen echten Leistungssportwettbewerb“, findet Laurent. Und liegt damit voll auf der Linie der DSJ, die mit Maßnahmen wie dem „Kika-Turnier“ kindgerechte Sportangebote etablieren möchte.
Es gibt aber noch weitere Unterschiede bei der Endrunde zwischen Frankreich und Deutschland. „Unsere Meisterschaften werden nicht vom nationalen Schachverband ausgerichtet wie hier von der DSJ. Bei uns richten immer eine Stadt und der Schachverein oder der regionale Verband das Turnier aus“, erklärt Laurent. Das heißt, dass nicht nur die Spielbedingungen, sondern auch Umfang und Qualität des Rahmenprogramms von Jahr zu Jahr stark schwanken. „Für die meisten Organisatoren geht es nur um das reine Schachturnier, also Turnierabwicklung und Bulletin. Das ist mit der DEM nicht zu vergleichen.“
Der Ideen-Sammler
Die nationale Jugendmeisterschaft als Event aufzuziehen und für die Teilnehmer zu einem rundum tollen Erlebnis zu machen, davon ist Laurent begeistert. „Die Atmosphäre bei der DEM finde ich klasse und ich habe viele tolle Ideen gesammelt, wie wir unsere Meisterschaft in Frankreich für die Jugendlichen auch zu einem solchen Event machen können“, erzählt Laurent begeistert.
Und was kann die DSJ bei den Franzosen abgucken? Nach langem Überlegen fällt Laurent dann doch noch ein Punkt ein: „Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, die Eltern und Betreuer nur zwei oder drei Mal in der Woche in den Turniersaal zu lassen. Das solltet Ihr Euch zumindest überlegen.“
Für Laurent hat sich die Woche auf jeden Fall gelohnt, da ist er sich jetzt schon sicher und wenn es nach ihm ginge, dann würde bei den nächsten französischen Meisterschaften auch ein deutscher Schiedsrichter auflaufen.